Nach unserem Interview mit dem deutschen Architekten Guido Pfaffhausen für die PREFARENZEN 2018 trafen wir den Architekten und kreativen Kopf hinter der architektonischen Realisierung des Rapid Stadions erneut zu einem Gespräch im verregneten Wien. Ursula Obernosterer, Leitung Objektberatung bei PREFA Österreich, sprach mit dem Stadthallen- und Stadien-Experten über Beziehungen zwischen Fußball und Architektur, die Verwendung von Farben im Städtebau und fragte ihn wie es dazu kam, dass sein Weg zur Architektur mehrmals über Wien führte.
Pfaffhausens Spezialisierung auf Großbauten begann vor über fünfundzwanzig Jahren, als er das Architekturbüro mit seiner Partnerin Sylvia Staudte Architektur Concept Pfaffhausen + Staudte GbR in Zwickau gründete, wo eine Stadthalle geplant werden sollte. Stadthallen und Multifunktionshallen sind „immer sehr schöne Objekte, und als Architekt machen die auch Spaß“, wie Pfaffhausen betont. Er erhielt die Gelegenheit dazu, die Stadthalle in Zwickau zu planen, und so nahm die Geschichte ihren Lauf. Es folgten ganze zehn Stadthallen und Stadien, darunter auch Hallen für den deutschen Bundesligasport und in Abu Dhabi. Seine aktuellen Projekte: die Halle für die Basketball-Bundesliga in Heidelberg und das Karlsruher Wildparkstadion.
Verbindungen zwischen Architektur und Fußball
Als Architekt, der sich auf Stadien spezialisiert hat und noch dazu begeisterter Fußballfan ist, ist die folgende Frage vielleicht absehbar: Gibt es eigentlich Überlappungen zwischen Architektur und Fußball? Abgesehen vom Sonderfall des Gerhard-Hanappi-Stadions, das Pfaffhausen in Bezug auf Obernosterers Frage erwähnte – das alte Fußballstadion im 14. Bezirk in Wien, das vom österreichischen Nationalspieler und späteren Architekten Gerhard Hanappi entworfen wurde? Für Pfaffhausen, dem das Thema „Team“ ständig durch den Kopf schwirrt, gibt es hier die eindeutige Parallele des Teamgeists: „Ich persönlich bin kein Einzelkämpfer, ich kann nicht alleine ein Projekt machen, entwerfen, ausschreiben, technisch umsetzen, Bau überwachen und übergeben.“ Dazu bedarf es eines Teams, wie er betont. So hat er heute seine eigene Mannschaft im Büro, mit „Spezialisten für alle Leistungsphasen“, denn diese machen eine gute Mannschaft erst aus. Pfaffhausen verweist hier aber auch auf eines seiner Hobbies. Er ist Schlagzeuger in einer Rockband, und auch hier ist der Mannschafts-Teamgeist ausschlaggebend: „Da habe ich auch meinen Part, und da bin ich auch Mannschaftsspieler, da würde ich solo nicht weit kommen.“
Es beginnt mit Wien
Obernosterers Frage, wieviel Wiener er inzwischen geworden ist und ober er spezielle Erinnerungen mit seinen Aufenthalten in der Stadt verbindet, warf mehrere interessante Bezüge zu Wien auf, die bereits in seiner Jugend beginnen: Seine Begeisterung für Architektur war Pfaffhausen mit vierzehn Jahren klar, als er über ein Kunstprojekt in der Schule den Vater eines Klassenkameraden kennenlernte. Dieser war kein Geringerer als der Wiener Helmut Kohl, der laut Pfaffhausen bedeutendste Architekt in seiner Heimatstadt Duisburg, der auch später sein Lehrherr wurde. Bereits nach seinen ersten Einblicken in das Arbeitsleben eines Architekten wusste er: Die Arbeit begeisterte ihn. „Zu Wien habe ich eine besondere Beziehung […] ich bin so circa jedes halbe Jahr in Wien, Wien ist ‘ne tolle Stadt […] ‘ne sehr offene und lockere Stadt […] ich werd‘ nie Wiener werden können, aber ich bin immer wieder gerne da.“ Und er fügt im selben Atemzug hinzu: „Ich glaub‘ ich hab den Schmäh verstanden.“ Obernosterer erwähnte, dass in Wien auch mehrere Musterbeispiele des Jugendstils zu finden sind, wie die Otto-Wagner-Kirche am Steinhof oder das unter anderem von Gustav Klimt beauftragte Wiener Secessionsgebäude. Sie fügte hinzu, dass sowohl Klimt als auch Wagner im 14. Bezirk in Wien geboren wurden – derselbe Bezirk, in dem unser Gespräch mit Pfaffhausen stattfand.
Player Industrie und Recycling
Im Gespräch wollte die PREFARENZEN Botschafterin vom Architekten wissen, was er sich im Zusammenspiel bei einem Projekt vom Player Industrie erwartet. Pfaffhausen erwähnte hier ein Verständnis für flexible Lösungen, die sich mit dem Nachhaltigkeitsgedanken vereinbaren lassen – ein Verständnis, das er bei PREFA vorfand. So hat sich mittlerweile auch seine Meinung zu Aluminium deutlich gebessert: „Ich mag Aluminium sehr, ich mag Metall, ich bin aus dem Ruhrgebiet, da hab‘ ich viel mit Stahl und Eisen und so weiter zu tun […] und Aluminium ist eine tolle Sache, leicht und bearbeitbar. Ein bisschen schwierig für mich war der Umweltgedanke, aber der hat sich ja für mich deutlich erleichtert beim Thema Recycling. Wenn ich weiß, dass zu einem großen Teil Sekundäraluminium verwendet wird und Aluminium zu 100% recyclingfähig ist, und ich im übertragenen Sinne aus alten Alufelgen ‘ne neue Hülle für ‘ne Stadthalle in Wien machen kann, dann ist das eine schöne Sache.“
Ich persönlich bin kein Einzelkämpfer, ich kann nicht alleine ein Projekt machen, entwerfen, ausschreiben, technisch umsetzen, Bau überwachen und übergeben.
Eine Stadt sieht Gold
Das Thema „Weiß“ fand ebenfalls Eingang ins Gespräch – ein Thema, das zur Zeit in Wien heiß diskutiert, weil städtische Überhitzung auch hier immer mehr zum Problem wird, so Obernosterer. Pfaffhausen merkte aber an, dass die architektonische Verwendung der Farbe Weiß ihre Tücken haben kann: Weiß sei eine moderne Farbe und „Mode heißt natürlich auch ziemlich schnell unmodern zu sein und damit aufzufallen.“ Der Architekt interessiert sich aktuell für den Einsatz der Farbe Gold, auch wenn diese Farbwahl gewagt sein mag, weil die Gebäude dann vielleicht zu sehr mit dem Orient assoziiert werden. Doch die Verwendung von Goldtönen ist durch den Jugendstil unverkennbar auf architektonischer sowie kunstgeschichtlicher Ebene mit Wien verwoben. Obernosterer erwähnt als Musterbeispiel das Beethovenfries von Gustav Klimt, bei dem sehr viel mit Gold gearbeitet wurde. Pfaffhausen nennt daraufhin ein weiteres imposantes Beispiel: Die Otto-Wagner-Villa im 14. Bezirk, die er als Architekt sehr schätzt. Die Farbkomposition der Villa, bei der Gold- und Blautöne sehr prominent sind, bewog ihn sogar, für einen Wettbewerb die Farben Blau und Gold für Österreich zu wählen. In diesem Kontext fügte Obernosterer noch eine kleine PREFA Anekdote zu Otto Wagner hinzu: Der von Wagner geplante Bahnhof Hütteldorf wurde vor wenigen Jahren mit PREFA Dachelementen eingedeckt.
Corona-Halt im Architekturbetrieb?
Pfaffhausen hat die Auswirkungen der Corona-Pandemie in seinem Architekturbüro nicht stark zu spüren bekommen: „Wir hatten Glück, bei uns waren alle da. Unser Projekt Karlsruhe Wildparkstadion ist weitergegangen, da wird gerade umgebaut; hätte man in Karlsruhe entschieden wir machen wegen Corona einen Stopp, dann hätten bei mir fünf Leute keine Arbeit weiterführen können. Zum Glück ist das nicht gewesen.“ Natürlich musste man aufgrund von Corona arbeitstechnisch mit Videokonferenzen etwas umdisponieren, doch für ihn bleibt klar: „Es war nicht dasselbe, wie wenn man sich gegenübersitzt, ich bleib‘ dabei. Da bin ich wahrscheinlich auch zu alt und zu altmodisch.“ Pfaffhausen kommt hier wieder auf den Teamgedanken zurück, da sich die Arbeit im Home Office nicht ganz einfach gestaltet, wenn Teamarbeit auf dem täglichen Arbeitsprogramm steht, wie es in einem Architekturbüro schließlich der Fall ist. „Es bleibt zu hoffen“, so der Architekt, „dass die Corona-Maßnahmen rasch Wirkung zeigen, sodass wir uns bald wieder über ausverkaufte Kultur- und Sportstätten freuen können. Wie man hier und heute sehen kann, wirkt selbst das schönste Stadion erst dann, wenn es voll besetzt ist. Und erst dann wird das Rapid Stadion wieder zu dem, was es ist: ein Hexenkessel.“
weitere Infos:
- Text: Anneliese Heinisch
- Fotos: Martin Croce, Croce und WIR
- Interview: Ursula Obernosterer